Schaffung von Rechtssicherheit im Fintech-Bereich vertagt

Am 26. Juni 2019 veröffentlichte die FINMA das teilrevidierte Rundschreiben 2008/3 „Publikumseinlagen bei Nichtbanken“, welches am 1. Juli 2019 in Kraft getreten ist (Link). Für die Klärung von Auslegungsfragen verweist sie auf zukünftige Aufsichts- und Gerichtspraxis.

Das Parlament hat eine neue Bewilligungskategorie für Fintech-Unternehmen geschaffen. Zudem hat der Bundesrat die Bestimmungen zur sogenannten Sandbox angepasst (vgl. Blogpost vom 3. Dezember 2018). Sandbox und Fintech-Bewilligung sind zwei der drei Säulen der Fintech-Vorlage, welche der Bundesrat im November 2016 vorgestellt hatte (vgl. dazu insbesondere die Blogposts vom 24. Juni 2018 und vom 14. August 2017) und beide erlauben unter bestimmten Voraussetzungen die Entgegennahme von Publikumseinlagen trotz fehlender Bankbewilligung.

Schwierige Abgrenzung

Es war von Anfang an klar, dass die Abgrenzung der Tätigkeiten, welche im Rahmen von Sandbox und Fintech-Bewilligung erlaubt sein sollten, von jenen Tätigkeiten, welche weiterhin den voll regulierten Banken vorbehalten sein sollten, nicht einfach werden würde.

Die Idee, wo diese Trennlinie zwischen Banken und Nicht-Banken verlaufen sollte, wurde im Rohstoff vom 2. November 2016 (S. 3) vorgestellt: Die neuen Regeln sollten für Unternehmen gelten, die «…sich auf das Passivgeschäft (Entgegennahme von Publikumseinlagen) beschränken und somit kein Aktivgeschäft mit Fristentransformation betreiben…». Im erläuternden Bericht zur Vernehmlassungsvorlage vom 1. Februar 2017 (S. 20) wurde die entsprechende Absicht des Gesetzgebers folgendermassen beschrieben: «Bei vielen Fintech-Geschäftsmodellen fehlt es mangels einer Wiederanlage von entgegengenommenen Geldern an der für Banken typischen Fristentransformation und den damit einhergehenden Risiken (insbes. Liquiditäts- und Zinsrisiken). Sie bewegen sich ausserhalb der Kerntätigkeiten, die für das Bankgeschäft charakteristisch sind.»

In der Bankenverordnung (für die Sandbox) und im Bankgesetz (für die Fintech-Bewilligung) wurde diese Idee in der Folge mit der Wendung: «weder anlegen noch verzinsen» ausgedrückt.

Im Gesetz ist diese Formulierung unverändert geblieben. Die Verordnung wurde jedoch mit Wirkung auf den 1. April 2019 (vermeintlich) präzisiert, um die Absicht des Gesetz- bzw. Verordnungsgebers präziser auszudrücken. In der Verordnung steht nun der Ausdruck: «kein Zinsdifferenzgeschäft».

Das Eidgenössische Finanzdepartement EFD hat dabei in den Erläuterungen zur Revision der Bankenverordnung vom 30. November 2018 (S. 4 f.) festgehalten, dass das Verbot des Zinsdifferenzgeschäfts im Zusammenhang mit der Fintech-Regulierung so zu verstehen ist, dass nicht gleichzeitig das Passiv- und das Aktivgeschäft betrieben werden dürfe. Unter dem Aktivgeschäft sei dabei die «Vergabe von Krediten unter Verwendung der Einlagen» zu verstehen. Das EFD präzisiert seine Auslegung bzw. Definition des Zinsdifferenzgeschäfts weiter wie folgt: „Es kann so umschrieben werden, dass Banken Einlagen im Rahmen des Passivgeschäfts entgegennehmen und damit im Rahmen des Aktivgeschäfts einer unbestimmten Anzahl von Personen und Unternehmen, die nicht mit der Bank verbunden sind, auf eigene Rechnung Kredite und Darlehen gewähren. […]“, wobei auch auf eine entsprechende Lehrmeinung hingewiesen wird. Das EFD schliesst seine diesbezüglichen Ausführungen mit dem Satz: „Entsprechend soll auch nur von den Erleichterungen in der Sandbox profitieren dürfen, wer kein Zinsdifferenzgeschäft im hier beschriebenen Sinne betreibt“ (vgl. Erläuterungen zur Revision der Bankenverordnung vom 30. November 2018, S. 11 f.).

Der Ersatz des „Anlage- und Verzinsungsverbots“ mit dem Verbot, das „Zinsdifferenzgeschäft“ zu betreiben, hätte die Auslegungsfrage also lediglich klarstellen sollen. Ein materieller Unterschied zwischen der Sandbox gemäss nArt. 6 Abs. 2 lit. b BankV und der Fintech-Bewilligung nach Art. 1b Abs. 1 lit. b BankG sollte in diesem Punkt aber nicht gemacht werden. Denn immerhin verfolgt der Gesetz- und Verordnungsgeber das Ziel, dass Unternehmen ein Geschäftsmodell in der Sandbox erproben können, das später allenfalls einer Fintech-Bewilligung bedarf (vgl. bereits den erläuternden Bericht zur Vernehmlassungsvorlage vom 1. Februar 2017, S. 36 f.).

Schaffung von Rechtssicherheit vertagt

Nun hätte mit der Revision des Rundschreibens 2008/3 „Publikumseinlagen bei Nichtbanken“ die Chance bestanden, das Ziel des Gesetz- bzw. Verordnungsgebers zur Fintech-Regulierung zu unterstützen und für die Unternehmen Rechtssicherheit zu schaffen, indem auch die FINMA die Formulierungen in Gesetz und Verordnung entsprechend ausgelegt hätte.

Die FINMA bestätigte in ihrem Anhörungsbericht zwar, dass der Begriff des Zinsdifferenzgeschäfts generell und im vorliegenden Kontext der Sandbox-Ausnahme unterschiedlich verstanden werden könne und insofern auslegungsbedürftig sei. Nach ihrem generellen Verständnis des Fachbegriffs «Zinsdifferenzgeschäft» liege ein solches insbesondere dann vor, wenn bei der Anlage der entgegengenommenen verzinsten Einlagen ein bestimmter oder bestimmbarer Zins vereinbart werde. Eine Klarstellung im einschlägigen Rundschreiben, ob sie im Rahmen ihrer Aufsicht im Fintech-Bereich diese eigene Auslegung oder jene des Gesetz- bzw. Verordnungsgebers anwenden werde, unterliess die FINMA aber mit dem Hinweis darauf, dass ihr dafür der Spielraum abgesprochen werde. Der Begriff könne «auf dem Weg der Aufsichts- resp. allenfalls Gerichtspraxis einer Klärung zugeführt werden».

Zusammenfassend ergeben die möglichen Auslegungen des Gesetzes- und Verordnungstextes folgendes Bild:

Bild Übersichtstabelle

Würden Aufsicht und Gerichte in Zukunft bei der Beurteilung von Fintech-Geschäftsmodellen der weiten Auslegung folgen, dürften im Rahmen der Sandbox die entgegengenommenen Gelder zwar verzinst, dafür aber nur in unsichere Anlagen wie beispielsweise Kryptowährungen investiert, statt beispielsweise auf zinstragenden Bankkonten gehalten werden, weil kein bestimmter oder bestimmbarer Zins vereinbart werden dürfte. Zudem hätte eine solche Auslegung zur Konsequenz, dass Fintech-Unternehmen, die ihr Geschäftsmodell in der Sandbox getestet haben und so erfolgreich waren, dass die Einlagen den Schwellenwert von CHF 1 Mio. überschreiten, ab dem Zeitpunkt der Gesuchseinreichung für die danach nötige Fintech-Bewilligung ihr Geschäftsmodell ändern müssten, weil im Rahmen der Fintech-Bewilligung das «Anlage- und Verzinsungsverbot» gilt, welches anders ausgelegt wird.

Mit dem Hinweis der FINMA auf den Weg der Aufsichts- und Gerichtspraxis wird die Schaffung von Rechtssicherheit im Fintech-Bereich vertagt bzw. der Ball wieder dem Gesetz- und Verordnungsgeber zugespielt. Denn eines ist klar: Rechtsunsicherheit ist eine der grössten Hürden für Innovation – gerade die Abschaffung solcher Hürden war das erklärte Ziel der Fintech-Regulierung der Schweiz.

(Dieser Artikel wurde zuerst als Gastbeitrag auf MoneyToday veröffentlicht.)

Die FinTech-Bewilligung kommt am 1. Januar 2019

Es ist soweit! Innerhalb von nur zwei Jahren hat der Schweizer Gesetzgeber drei Massnahmen umgesetzt, um die Markteintrittshürden für FinTech-Unternehmen zu senken, Innovation auf dem Finanzplatz zu fördern und damit dessen Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Per 1. Januar 2019 werden die Bestimmungen für die letzte von drei Massnahmen, die FinTech-Bewilligung, in Kraft gesetzt.

FinTech-Förderung in der Schweiz

Grundlage für alle Bestrebungen zur FinTech-Förderung bildet die allgemein anerkannte Prämisse, dass Digitalisierung und Innovation im Finanzbereich wesentlich zur Qualität des Schweizer Finanzplatzes beitragen und dessen Wettbewerbsfähigkeit stärken kann. Auch der Bundesrat liess sich an seiner Sitzung vom 2. November 2016 von dieser Prämisse leiten und sprach sich für Erleichterungen bei den regulatorischen Rahmenbedingungen für Anbieter von innovativen Finanztechnologien aus. Die Erleichterungen sollen einerseits Markteintrittshürden für Anbieter im FinTech-Bereich reduzieren, andererseits aber auch die Rechtssicherheit für die gesamte Branche erhöhen. Konkret schlug der Bundesrat im Bereich der Finanzmarktregulierung drei Massnahmen vor, welche in verschiedenen Etappen (per 1. August 2017 und nun per 1. Januar 2019 bzw. 1. April 2019) umgesetzt wurden bzw. werden.

Drei Massnahmen

Zur FinTech-Förderung setzt die Schweiz die folgenden drei Massnahmen um: eine Verlängerung der Haltefrist für Gelder auf Abwicklungskonten von sieben auf 60 Tage, und zwei neue Möglichkeiten, mehr als 20 Publikumseinlagen entgegen zu nehmen, ohne dafür eine Bankenbewilligung zu benötigen, nämlich eine «Sandbox» für Publikumseinlagen bis CHF 1 Mio. und eine «FinTech-Bewilligung» für Publikumseinlagen bis CHF 100 Mio. Die Sandbox und die FinTech-Bewilligung sind an – je unterschiedliche – Voraussetzungen geknüpft. In beiden Fällen müssen aber die Einlagen im Interesse Kunden verwahrt, die Kunden informiert und das den bewilligten Banken vorbehaltene Zinsdifferenzgeschäft darf nicht betrieben werden.

Während die Verlängerung der Haltefrist für Gelder auf Abwicklungskonten kaum zu weiteren Ausführungen Anlass gibt, werden im Folgenden die Voraussetzungen und Eigenheiten der Sandbox und der FinTech-Bewilligung kurz dargestellt.

Entgegennahme von Publikumseinlagen ohne Zinsdifferenzgeschäft

Zentrales und gemeinsames Element der Sandbox und der FinTech-Bewilligung ist die Möglichkeit, mehr als 20 Publikumseinlagen entgegen zu nehmen, ohne dafür eine Bankenbewilligung zu benötigen. Grundsätzlich ist die gewerbsmässige Entgegennahme von Publikumseinlagen Banken vorbehalten.

Als «Publikumseinlagen» gelten grundsätzlich alle Verbindlichkeiten gegenüber Kunden. Die einzigen Ausnahmen sind in Art. 5 Abs. 3 der Bankenverordnung aufgezählt und wurden von der FINMA in ihrem Rundschreiben 2008/3 präzisiert und erläutert. Auch weiterhin bedarf die Entgegennahme von Publikumseinlagen grundsätzlich einer Bewilligung, soweit sie gewerbsmässig erfolgt.

Ausnahmen werden nur gewährt, solange nicht die Kerntätigkeit der Banken, das «Zinsdifferenzgeschäft», betrieben wird. Dieses ist gesetzlich nicht geregelt, bedeutet aber gemäss den Erläuterungen zur FinTech-Bewilligung, dass im Rahmen des Passivgeschäfts Einlagen entgegengenommen und damit im Rahmen des Aktivgeschäfts einer unbestimmten Anzahl von Personen und Unternehmen, auf eigene Rechnung Kredite gewährt werden. Die Kredite werden dabei längerfristig vergeben (längerfristige Kapital- und Zinsbindung); während die Kunden ihre Einlagen meist ohne Frist zurückfordern können (kurzfristige Kapital- und Zinsbindung). Weicht die durchschnittliche Laufzeit der Aktiven von der durchschnittlichen Laufzeit der Passiven ab, liegt zusätzlich eine Fristentransformation vor. Diese erhöht die Zinsänderungs- und Liquiditätsrisiken, welche eine Bank übernimmt und für welche sie durch die Zinsmarge entschädigt wird. Die Risiken sind auch der Grund, weshalb die Bewilligung für Banken an hohe Anforderungen geknüpft ist und ohne Bankenbewilligung, sowohl im Rahmen der Sandbox als auch von Trägern der neuen FinTech-Bewilligung, das Zinsdifferenzgeschäft auch in Zukunft nicht betrieben werden darf.

Sandbox

Die Sandbox ist eine Ausnahme vom Kriterium der «Gewerbsmässigkeit» im Rahmen der Entgegennahme von Publikumseinlagen. Gemäss dem neuen Art. 6 der Bankenverordnung handelt nicht gewerbsmässig (und bedarf deshalb keiner Bewilligung), wer:

  • Publikumseinlagen von gesamthaft höchstens CHF 1 Mio. entgegennimmt;
  • kein Zinsdifferenzgeschäft betreibt (erst ab 1. April 2019!); und
  • die Einleger darüber informiert, dass er nicht durch die FINMA beaufsichtigt wird und die Einlage nicht von der Einlagensicherung erfasst wird.

Bis am 31. März 2019 gilt für die Sandbox noch die bereits per 1. August 2017 in Kraft gesetzte Regelung, dass entweder das Anlage- und Verzinsungsverbot einzuhalten oder die Einlagen für eine «gewerblich-industrielle Tätigkeit» zu nutzen sind. Mit der neuen Regelung wird explizit der Betrieb des Zinsdifferenzgeschäfts verboten und gleichzeitig ermöglicht, unter der Sandbox entgegengenommene Gelder auch für private Zwecke (also nicht gewerblich-industriell) zu nutzen. Dies wird dadurch gerechtfertigt, dass mit den neuen Anpassungen des Konsumkreditgesetzes auch die sogenannte «Schwarmkredit-Vermittlung», sprich «Crowdfunding», unter das Konsumkreditgesetz fällt. Die Anpassungen werden per 1. April 2019 in Kraft treten.

Weitere Voraussetzungen werden für die Sandbox im Bankengesetz bzw. der Bankenverordnung nicht aufgestellt. Nicht zu vergessen sind aber die übrigen Finanzmarktgesetze, wie insbesondere die Datenschutz- und Geldwäschereigesetzgebung, welche auch im Bereich einer Sandbox vollumfänglich anwendbar bleiben und zu beachten sind.

FinTech-Bewilligung

Die FinTech-Bewilligung andererseits ist eine neue Bewilligungskategorie und wird vorab im neuen Art. 1b des Bankengesetzes unter dem Titel Innovationsförderung definiert. Sie ist vorgesehen, für Personen, die:

  • gewerbsmässig Publikumseinlagen von bis zu CHF 100 Mio. entgegennehmen oder sich öffentlich dafür empfehlen; und
  • diese Publikumseinlagen weder anlegen noch verzinsen.

«Personen nach Art. 1b Bankengesetz», wie die Träger der FinTech-Bewilligung im Gesetz genannt werden, dürfen also ebenfalls ohne Bankenbewilligung Publikumseinlagen entgegennehmen. Dies höchstens im Umfang von CHF 100 Mio. und nur, wenn sie darauf verzichten, die Einlagen anzulegen und zu verzinsen bzw. mit anderen Worten das Zinsdifferenzgeschäft zu betreiben, welches weiterhin den Banken vorbehalten bleibt.

Die FinTech-Bewilligung ist an verschiedene weitere Bedingungen geknüpft. «Personen nach Art. 1b Bankengesetz» unterstehen der Aufsicht der FINMA und müssen bestimmte Anforderungen an ihre Organisation, das Risikomanagement, die Compliance und die finanziellen Mittel erfüllen und ihre Tätigkeit von einer zugelassenen Prüfgesellschaft überprüfen lassen. Weiter müssen sie auch die Bestimmungen des Bankengesetzes beachten, die auf sie «sinngemäss Anwendung» finden. In der Bankenverordnung wird in den einzelnen Bestimmungen zu den Rechten und Pflichten klargestellt, ob sie auf Personen nach Artikel 1b Bankengesetz anwendbar sind. Besonders zu erwähnen sind:

  • Informationspflichten insbesondere über die mit dem Geschäftsmodell, den angebotenen Dienstleistungen und den verwendeten Technologien verbundenen Risiken sowie darüber, dass für die Publikumseinlagen keine Einlagensicherung besteht. Diese Informationen dürfen nicht nur in den allgemeinen Geschäftsbedingungen enthalten sein.
  • Als Gesellschaftsform kommt nur eine Aktiengesellschaft, eine Kommanditaktiengesellschaft oder eine GmbH (Gesellschaft mit beschränkter Haftung) in Frage, der Sitz muss sich in der Schweiz befinden und die tatsächliche Verwaltung ist in der Schweiz auszuüben.
  • Bedingungen für Geschäftsführung, Organe, Compliance und Risikomanagement.
  • Die entgegengenommenen Publikumseinlagen müssen getrennt von den eigenen Mitteln verwahrt oder in den Büchern so erfasst werden, dass diese jederzeit separat von den eigenen Mitteln ausgewiesen werden können. In letzterem Fall ist eine ordentliche Revision vorgeschrieben.
  • Das Mindestkapital beträgt 3 % der entgegengenommenen Publikumseinlagen, jedoch mindestens CHF 300 000.

Level Playing Field

In den Erläuterungen zur neuen FinTech-Bewilligung hält der Bundesrat fest, dass auch für «Personen nach Art. 1b Bankengesetz» also die Träger einer FinTech-Bewilligung alle übrigen Gesetze vollumfänglich gelten, sofern diese aufgrund ihrer Tätigkeit anwendbar sind. Damit sind ganz besonders die Bestimmungen zum Datenschutz oder die Geldwäschereigesetzgebung gemeint, welche auch von Trägern einer FinTech-Bewilligung – wie auch innerhalb einer Sandbox – jederzeit einzuhalten sind.

Schliesslich stellt der Bundesrat in den Erläuterungen auch ausdrücklich klar, dass für etablierte Finanzdienstleister keinerlei Hindernisse bestünden, selbst Gesellschaften mit einer FinTech-Bewilligung zu gründen, zu kaufen oder sich an solchen zu beteiligen, womit das Level Playing Field im Finanzmarkt erhalten bleibe.

 

Infoabend zur FinTech- und zur Bankenbewilligung

Kellerhals Carrard und Soranus AG veranstalten zur FinTech- und zur Bankenbewilligung einen kostenlosen Infoabend, mit anschliessendem Apéro:

  • Dienstag, 22. Januar 2019, ab 16.30 Uhr, im FIFA-Museum Zürich

Anmeldungen bitte unter: https://fintech-training.ch/events/bankbewilligung-und-fintech-lizenz/ (powered by fintechrockers.com)

 

(Dieser Artikel wurde zuerst als Gastbeitrag auf MoneyToday veröffentlicht.)

 

 

Fintech-Gesetzgebung – Ein kleiner Schritt Richtung Deregulierung und ein grosser zurück

Am 15. Juni 2018 haben National- und Ständerat das Finanzdienstleistungsgesetz (FIDLEG) und das Finanzinstitutsgesetz (FINIG) verabschiedet. Gleichzeitig hat das Parlament Bestimmungen zur Innovationsförderung, bekannter als «Fintech-Lizenz» oder «Banklizenz-light», in das Bankengesetz (BankG) aufgenommen und das Konsumkreditgesetz (KKG) auf die sogenannte «Schwarmkreditvermittlung» (gemeint ist «Crowdlending») ausgedehnt. Seit dem 21. Juni 2018 läuft nun die Vernehmlassung für die entsprechend notwendigen Anpassungen der Bankenverordnung (BankV) und der Verordnung zum Konsumkreditgesetz (VKKG). Die Änderungen des BankG, des KKG und der dazugehörenden Verordnungen sollen zusammen per 1. Januar 2019 in Kraft gesetzt werden.

Rückblende

Im Rahmen der im November 2016 angekündigten FINTECH-Vorlage setzte der Bundesrat bereits per 1. August 2017 eine Änderung der BankV in Kraft, womit einerseits eine «Sandbox» geschaffen wurde, in welcher bis zu einem Gesamtwert von CHF 1 Mio. unbeschränkt viele (statt wie bisher 20) Publikumseinlagen entgegengenommen werden können, und andererseits die Frist zum Halten von Geldern auf Abwicklungskonti von bisher sieben auf 60 Tage verlängert wurde.

Zwei Aspekte der Fintech-Gesetzgebung

Deregulierung: «Fintech-Lizenz»

Die nun mit dem neuen Art. 1b E-BankG geschaffene «Fintech-Lizenz» soll den Bewilligungsträgern die gewerbsmässige Entgegennahme von Publikumseinlagen bis zu CHF 100 Mio. ermöglichen, ohne dass sie dafür eine Banklizenz benötigen. Für die entgegengenommenen Einlagen gilt jedoch ein Anlage- und Verzinsungsverbot. Die Bewilligung ist ausserdem an Voraussetzungen betreffend Organisation, Risikomanagement, Compliance, Rechnungslegung und finanzielle Mittel gebunden, welche in der BankV geregelt werden und sich derzeit noch in der Vernehmlassung befinden.

Zwei Knackpunkte entscheiden über die Einsatzmöglichkeiten und damit die Praxisrelevanz der «Fintech-Lizenz»: die Auslegung des Anlage- und Verzinsungsverbots und die Möglichkeit der neuen Bewilligungsträger, ein Konto bei der Schweizer Nationalbank (SNB) zu eröffnen.

Das Anlage- und Verzinsungsverbot besagt, dass die entgegengenommenen Einlagen (bis CHF 100 Mio.) bis zum Zeitpunkt der Weiterleitung oder Rückzahlung weder angelegt noch verzinst werden dürfen. Die Bedeutung dieser Bestimmung war umstritten. Die FINMA legte sie in ihrem Rundschreibens 2008/3: „Publikumseinlagen bei Nichtbanken“ sehr restriktiv aus und verlangte: «dass die von den Kunden einbezahlten Einlagen bis zur Weiterleitung oder Rückzahlung dauernd und liquide zur Verfügung stehen. Die Einlagen dürfen dabei nicht auf den üblichen Geschäftskonti des Unternehmens für den laufenden Betrieb gehalten werden, sondern es ist für das Halten der Einlagen mindestens ein davon getrenntes Bankkonto einzurichten.» (vgl. Rz. 8.2 FINMA-RS 08/3, Blog-Beitrag vom 15.12.2017). Diese restriktive Auslegung wird nun im Erläuterungsbericht zur Revision der BankV übernommen. Dort wird ausgeführt, dass die entgegengenommenen Gelder bis zur bestimmungsgemässen Weiterleitung oder Rückzahlung liquide zur Verfügung stehen müssen, so dass sie innert kürzester Zeit abgezogen werden könnten. Als Beispiel wird die Verwahrung als Sichtguthaben auf einem vom Eigenbestand getrennten Bankkonto ohne restriktive Abzugsbeschränkung genannt (vgl. S. 16 f. des Erläuterungsberichts).

Diese restriktive Auslegung schränkt die Einsatzmöglichkeiten für die neue «Fintech-Lizenz» sehr stark ein. Möglich wären allenfalls Businessmodelle im Bereich der Vermittlung (z.B. Crowdlending) oder im Bereich von Zahlungsdienstleistern (z.B. PrePaid Issuer, Top-Up Wallets).

Der zweite Knackpunkt betrifft die Eröffnung eines Kontos bei der SNB. Es besteht die Gefahr, dass auch die SNB sich auf eine restriktive Auslegung festlegen und Träger einer Fintech-Lizenz ausschliessen wird. Die Anwendungsmöglichkeiten der neu geschaffenen Fintech-Lizenz würden dadurch faktisch noch einmal stark reduziert. Denn ohne SNB-Girokonto gibt es keinen Zugang zum SIC und damit auch keinen Zugang zu SECOM und den übrigen Finanzmarktinfrastrukturen.

Regulierung: Crowdlending unter KKG

Unbeachtet von weiten Kreisen der Branche wurde zusammen mit der «Fintech-Lizenz» – im Sinne einer «flankierenden Massnahme» – das KKG angepasst (vgl. dazu bereits Blog-Beitrag vom 6.7.2017). Neu werden auch Konsumkredite, welche von einer sogenannten «Schwarmkredit-Vermittlerin» (Crowdlending-Unternehmen) vermittelt werden, in den Anwendungsbereich des KKG fallen. Dies hat zur Folge, dass bei der Vergabe von Konsumkrediten über Crowdlending-Plattformen zukünftig wie bei «klassischen» Krediten die Regeln des KKG einzuhalten sind. Insbesondere gilt:

  • Form und Inhalt der Konsumkreditverträge bestimmen sind nach Art. 9/10 KKG;
  • Die Verträge sind schriftlich (!) abzuschliessen;
  • Der Höchstzinssatz beträgt 10%;
  • Konsumkreditverträge können innerhalb von 14 Tagen widerrufen und jederzeit vorzeitig zurückbezahlt werden;
  • Vor Abschluss eines Konsumkreditvertrags ist eine detaillierte Kreditfähigkeitsprüfung durchzuführen, in welcher neben weiteren Faktoren mindestens der tatsächlich geschuldete Mietzins, die nach Quellensteuertabelle geschuldeten Steuern und die Verpflichtungen berücksichtigt werden müssen, die bei der Informationsstelle für Konsumkredite (IKO) gemeldet sind;
  • Konsumkredite und gewisse Ausstände müssen der IKO gemeldet werden.

Viele der Pflichten nach KKG werden direkt der «Schwarmkredit-Vermittlerin», d.h. dem «Crowdlending-Unternehmen» auferlegt. Die Sanktionen treffen denn auch vorab diese: sie können bei Verstössen gegen das KKG mit Busse bis zu CHF 100’000 bestraft werden. Die Kreditgeber (Crowd) verlieren «nur» die Zinsen und Kosten.

Für Crowdlending-Unternehmen bedeutet das, dass sie nun zwar Kredite von mehr als 20 Gläubigern an einen Konsumenten vermitteln dürfen, allerdings müssen künftig alle Konsumkredite aus der Crowd (also auch Kredite von weniger als 20 Gläubigern) den neuen Anforderungen des KKG entsprechen bzw. die entsprechenden Anforderungen eingehalten werden.

Fazit: Ein kleiner Schritt Richtung Deregulierung und ein grosser zurück

Die neu geschaffene «Fintech-Lizenz» baut zwar Hürden für gewisse Fintech-Businessmodelle ab. Angesichts der restriktiven Auslegung werden sich die Anwendungsmöglichkeiten voraussichtlich aber in sehr engen Grenzen halten und vorwiegend in (Kredit-) Vermittlungsmodellen oder (Prepaid-) Zahlungsdienstleistungen bestehen.

Demgegenüber führt die gleichzeitige KKG-Revision zu einer deutlichen Zunahme der Regulation für genau jene Unternehmen, für welche die regulatorischen Hürden im Rahmen der Fintech-Vorlage ja eigentlich hätten gesenkt werden sollen. Die Crowdlending-Unternehmen müssen zukünftig für die Kreditvergabe an Konsumenten, sozusagen stellvertretend für die nicht gewerbsmässig tätigen Kreditgeber aus der Cloud, die Einhaltung der Regeln des KKG sicherstellen.

Positionspapier zur rechtlichen Einordnung von ICO’s

Die Blockchain Taskforce, an welcher 50 Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik beteiligt sind, hat ihre Resultate in Form eines White Papers am 26. April 2018 im Rahmen des Blockchain Summits – Crypto Valley in Zug an Bundesrat Johann Schneider-Ammann übergeben und sie dem Publikum präsentiert.

Sechs Juristen namhafter Anwaltskanzleien und Universitäten leisteten mit dem Positionspapier zur rechtlichen Einordnung von ICO’s einen wesentlichen Beitrag.

Als Mitautorin dieses Positionspapiers, teile ich dieses gerne auch hier mit den Lesern unseres Blogs:

Mit ihrer Empfehlung Nr. 5 schlägt die Blockchain Taskforce die Erstellung einer Regulatory Token Map vor, in welcher dargestellt werden soll, in welchem Stadium und unter welchen Voraussetzungen davon auszugehen ist, dass ein Token als Effekte im Sinne des FinfraG oder Einlagen im Sinne des BankG qualifiziert werden.

Die von mir auf diesem Blog am 1. April 2018 veröffentlichte Regulatory Token Map enthält – nebst Angaben zur Behandlung aus geldwäschereirechtlicher Perspektive – auch die in Empfehlung Nr. 5 geforderten Angaben und könnte entsprechend als Grundlage für die weiteren Arbeiten der Blockchain Taskforce dienen.

Happy to discuss!

Legal Implications on Token Issuing (ICO)

In der angefügten Übersicht werden basierend auf den drei Token-Kategorien der FINMA (Payment Token, Utility Token und Asset Token) die rechtlichen Implikationen auf eine Herausgabe der Token, ein sogenanntes Initial Coin Offering (ICO) oder auch Initial Token Offering, dargestellt.

Based on FINMA’s three token categories (Payment Token, Utility Token and Asset Token), the attached overview shows the legal implications of token issuing, a so-called Initial Coin Offering (ICO) or Initial Token Offering.


„Legal Implications on Token Issuing (ICO)“ weiterlesen

Nachbesserung bei Fintech-Lizenz?

Durch eine Änderung des Bankgesetzes will der Bundesrat unter dem Titel «Innovationsförderung» bekanntlich eine Schweizer Fintech-Lizenz einführen. Die Leser dieses Blogs wissen, dass spätestens seit der Bekanntgabe der FINMA, wie sie die ähnlich lautenden Bestimmungen in der Bankenverordnung („Sandbox“) auszulegen gedenkt, die Gefahr besteht, dass die neue Fintech-Lizenz nur einen sehr kleinen Anwendungsbereich hat und damit faktisch toter Buchstabe bleibt (vgl. dazu Blog-Beitrag vom 15.12.2017).

Das hat nun die Politik auf den Plan gerufen. Bei der Behandlung des Gesetzes am 7. März 2018 im Ständerat wurde der Bundesrat offiziell gebeten, diese Problematik zu prüfen und die Formulierung des Gesetzestextes gegebenenfalls anzupassen (vgl. Votum SR Ruedi Noser).

Und offenbar besteht tatsächlich eine Chance, dass die Formulierung der Fintech-Lizenz nachgebessert wird, denn BR Ueli Maurer antwortete: «Wir wurden gestern auf diese mögliche Problematik aufmerksam gemacht. Es war uns nicht möglich, das bis heute genügend abzuklären. Ich schlage vor, dass wir die Frage aufnehmen und in Ihrer Schwesterkommission noch einmal diskutieren. Es bestehen aufgrund der bisherigen Beratungen materiell keine Differenzen. Es geht lediglich darum, auch die richtige Formulierung zu finden, sofern wir sie nicht schon gefunden haben. […]» (Votum BR Ueli Maurer).

Es bleibt also spannend.

Zahlungssystem ist nicht gleich Zahlungssystem

Zum Unterschied zwischen einem Payment Scheme und einem Pass-through Wallet

In der aktuellen Ausgabe von Recht und Politik des Wettbewerbs (RPW 2016/4, S. 1062 ff.) hat die Wettbewerbskommission (WEKO) ihre begründete Stellungnahme zur Übernahme der Twint AG durch die Postfinance AG und die SIX Payment Services AG publiziert. Gegenstand des Zusammenschlusses ist die Bildung eines neuen Zahlungssystems – oft als Twint 2.0 bezeichnet – welches als klassisches, offenes Vierparteiensystem konzipiert ist.

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Elektronische Signatur und eigenhändige Unterschrift – Änderungen per 01.01.2017

Am 1. Januar 2017 wird das totalrevidierte Bundesgesetz über die elektronische Signatur (ZertES) in Kraft treten (vgl. Medienmitteilung vom 23.11.2016, Link). Neben der bisherigen „qualifizierten elektronischen Signatur“, die weiterhin nur natürlichen Personen zugänglich ist, wird das neue ZertES zwei weitere, ähnliche Anwendungen von elektronischen Zertifikaten regeln. Es handelt sich dabei einerseits um die „geregelte elektronische Signatur“, an welche reduzierte Anforderungen gestellt werden und andererseits um das „elektronische Siegel“ für juristische Personen und Behörden. Spannend sind insbesondere auch die gleichzeitig in der neuen Verordnung über die elektronische Signatur (VZertES) eingeführten Möglichkeiten, auf welche Art und Weise solche elektronischen Zertifikate ausgestellt werden können. „Elektronische Signatur und eigenhändige Unterschrift – Änderungen per 01.01.2017“ weiterlesen

FINTECH-Förderung in der Schweiz II – Vorschläge WAK-S

Bereits Umsetzungsvorschläge für FINTECH-Lizenz in der FIDLEG/FINIG-Vorlage

Eigentlich war das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) vom Bundesrat beauftragt worden, per Januar 2017 eine diesen Vorschlägen entsprechende Vernehmlassungsvorlage auszuarbeiten. Nun sind jedoch bereits in der FIDLEG/FINIG-Vorlage, welche am 3. November 2016 von der WAK-S bereinigt worden ist, konkrete Vorschläge enthalten, wie die obenstehenden Vorschläge des Bundesrats (zumindest die FINTECH-Lizenz) umgesetzt werden könnten.

So soll in Art. 1a BankG eine neue Definition für eine Bank und in Art. 1abis BankG die neue FINTECH-Lizenz – in Abgrenzung zu einer Banklizenz – eingeführt werden. „FINTECH-Förderung in der Schweiz II – Vorschläge WAK-S“ weiterlesen

FINTECH-Förderung in der Schweiz I – Vorschläge Bundesrat

Grundlage für alle Bestrebungen zur FINTECH-Förderung bildet die allgemein anerkannte Prämisse, dass die Digitalisierung im Finanzbereich wesentlich zur Qualität des Schweizer Finanzplatzes beitragen und dessen Wettbewerbsfähigkeit stärken kann.

Vorschläge Bundesrat

Auch der Bundesrat liess sich an seiner Sitzung vom 2. November 2016 von dieser Prämisse leiten und sprach sich für Erleichterungen bei den regulatorischen Rahmenbedingungen für Anbieter von innovativen Finanztechnologien aus. Die Erleichterungen sollen einerseits Markteintrittshürden für (neue) Anbieter im FINTECH-Bereich reduzieren, andererseits aber auch die Rechtssicherheit für die gesamte Branche erhöhen. Konkret schlägt der Bundesrat im Bereich der Finanzmarktregulierung die nachfolgend kurz beschriebenen drei Massnahmen vor.

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